Ehemaliger Pfarrhof in Grosskitzighofen
Gemeinde Lamerdingen, Kreis Ostallgäu
Dokumentation der Sanierung
2001-20017
Bei dem Ensemble des ehem. Pfarrhofs handelt es sich um drei, ehemals
symmetrisch angeordnete Gebäude, komplettiert durch einen
ummauerten Nutzgarten.
Pfarrwohngebäude:
erbaut 1652-54, frühbarocker
Satteldachbau (3:6 Achsen), 1769/70 um 2 Achsen
verlängert (Saal im OG), Umgestaltung 1855,
Fassadenbefunde
aller Bauphasen (ca15 farbige Fassungen) alle Fenster und Innen- und
Außentüren (zT 18.Jh.) erhalten. Innenausstattung
(Treppenhaus,
Dielenböden, Einlegearbeiten und mit zT originalen
Oberflächen des 18.
und 19. Jh. unverändert erhalten.
Pfarrstadel: datiert
1839, repräsentativer Mauerwerksbau, symmetrische
Fassadengliederung mit Stichbogenöffnungen, unverändert
erhalten
Ehem. Benefiziatenhaus: um 1970 abgebrochen
Das Pfarrwohngebäude, das noch bis 2000 bewohnt war, zeigte vor
Baubeginn
das Erscheinungsbild der letzten Umbaumaßnahme vom Anfang des 20. Jh. Seit dem hatten nur noch
kleinere bauliche Eingriffe, wie eine Wasserleitung in der Küche
und die Elektrifizierung stattgefunden. Deutlich war aber schon bei der
ersten Besichtigung zu erkennen, dass sogar barocke Bausubstanz und
Ausstattung erhalten geblieben waren.
An den Fassade der Ost- und Südseiten wurde bei den
Voruntersuchungen mehrere vollständige Farbfassungen gefunden,
als älteste eine schwarz marmorierte barocke, wie sie nun auf der Fassade zu
sehen ist, eine farblich sehr reiche, aufwendige des Rokoko und eine klassizistische, sowie einige aus dem 20. Jhdt.
Um alle vorhandenen Fassungen und damit die Ablesbarkeit der
Baugeschichte zu erhalten, wurden die vorhandenen Putz- und
Kalkschichten mit Rohrmatten abgedeckt und mit einem neuen Kalkputz
überzogen. Auf die noch feuchte Oberputzschicht wurde ein
frescaler Anstrich aus Sumpfkalk aufgebracht, im gleichen Zug
wurden die grauen Fensterumrahmungen gemalt und marmoriert. Die nun
sichtbare Fassung ist eine Wiederholung der untersten frühen
Barockfassung, die anhand kleiner Freilegungen rekonstruiert werden
konnte. Der barocke Dachstuhl wurde fachgerecht repariert,
beschädigte oder fehlende Hölzer profilgerecht ergänzt.
Für die Deckung der Südseite wurden handgestrichene
Dachziegel des alten Daches verwendet, die Nordseite mit neuen
naturroten Biberschwanzziegeln gedeckt.
Die Außentüren und die vorhanden Fenster wurden handwerklich
repariert (zB Ergänzungen von Wetterschenkeln, profilgleicher
Ersatz von Holzteilen) und die alte Flügel wurden zum Schutz und
zur Wärmedämmung mit neuen Winterfenstern versehen. Alle
Ergänzungen wurden unter Verwendung der historischen
Beschläge durchgeführt, für die Fassungen wurden
ausschließlich Leinölfarben verwendet.
Die notwendigen erhaltenden Maßnahmen der Instandsetzungsarbeiten
im Innern wurden mit minimalen Eingriffen in die Substanz
bewerkstelligt, zB konnten die Sanitärräume als
Trockenbaukonstruktionen in die ursprüngliche Raumstruktur
eingefügt werden.
Besonderes Augenmerk ist auf die Wiederherstellung der Oberflächen
der Raumschale gelegt worden. Alle Putzflächen mit Ausnahme
versalzener Sockelbereiche wurden restauratorisch bearbeitet, d.h.
Fehlstellen mit Kalkputz ergänzt, lose Leimfarben und spätere
Dispersionsfarben abgenommen und die Flächen anschließend
mit Kalkspachtel geglättet. Hierdurch konnte der
Oberflächencharakter und die historische Substanz aller Putz- und
Farbschichten der Innenräume erhalten werden.
Alle Wände und Decken wurden mit Sumpfkalk oder Innensilikatfarbe
gestrichen, in fünf Räumen wurden farbige Fassungen nach
Befunden unter Verwendung der dokumentierten Bordüren als
Schablonenmalereien wiederhergestellt.
Die Raumwirkung zeichnet sich durch diese erhaltenen Oberflächen
aus, sowie durch die komplett erhaltenen fest eingebauten
Ausstattungsstücke wie Dielenböden zT mit Einlegearbeiten,
die komplett erhaltenen Kassettentüren und die Treppe des
19.Jh. sowie wichtigen Resten des 18.Jh. (Einbauschränke)
Die Oberflächen der erhaltenen Dielenböden im OG wurden
gereinigt, mit Leinöl aufgefrischt und retuschiert. In der oberen
Stube konnte vom barocken Sternboden, ausgeführt als
Tannen/Eichenintarsie, eine gut erhaltene zweifarbige Fassung Mitte
19.Jhs freigelegt und gefestigt werden. Wo die Maserierungen der
gefassten Türen und Türrahmen noch erhalten waren wurden sie
gereinigt und retuschiert. Unschöne spätere Lackierungen mit
Alkydlacken wurden abgenommen und entsprechend den historischen
Oberflächen gestrichen und maseriert.
Bei der Instandsetzung, die sich das Ziel gesetzt hatte, dass die
Räume im Grunde so ähnlich aussehen wie vor der
Maßnahme, wurde Wert darauf gelegt, dass die Gesamtheit der
vorgenommenen Maßnahmen die Baugeschichte des
Primärdokuments erhalten und ablesbar belassen.
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vorzustand osten 2003
vorzustand süden 2003
vorzustand süden fassade 2003
fassade: befund hochbarocke fassung
zustand mauerlatte süden
befund frühbarocke ecklisene
ausdecken stadl, sicherung der dachbiber, märz 2004
reinigen und palletieren der dachbiber
wiederherstellung von traufe und ortgang
statische massnahme stadl, südseite
ausdecken wohngebäude, april 2004
erneuerung der mauerlatte, norden
aufbringen eines putzträgers über historische
putzschichten
drei-lagen kalkputz, giebelseite
rekonstruktion der frühbarocken fassung in fresko-technik
freilegung historischer oberflächen, sternzimmer
aufgenommene dielung über der ehem. waschküche,
wandheizungssystem
innenputz wieder geschlossen
historische schablonen-dekorationen nach befund
"zeitfenster"- abfolge der fassungen, 17.- 20. Jhd
nachzustand: ergänzte holzoberflächen
fensterdetail, klassizistische beschläge, leinölfassung
rekonstruierte schablonen-dekoration
nachzustand: Juli 2007
auszeichnungen:
denkmalpreis schwaben 2006, sonderpreis
denkmalpreis ostallgäu 2007,
1.preis
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